Erste Hilfe für Hunde – Was tun im Notfall?
Unfälle oder akute gesundheitliche Probleme können auch bei Hunden plötzlich auftreten. In solchen Situationen kann schnelles und richtiges Handeln entscheidend sein. Als Hundebesitzer ist es wichtig, sich mit grundlegenden Erste-Hilfe-Maßnahmen auszukennen, um den Vierbeiner im Ernstfall bis zum Eintreffen beim Tierarzt stabil zu halten. Im Folgenden wird erläutert, wie man in typischen Notfallsituationen richtig reagiert und welche Erste-Hilfe-Schritte bei gesundheitlichen Problemen notwendig sind.
Bevor man sich mit konkreten Maßnahmen beschäftigt, ist es sinnvoll, eine gut ausgestattete Erste-Hilfe-Box für Hunde bereitzuhalten. Diese sollte folgende Dinge enthalten:
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Eine Rolle Heftpflaster (z.B.: Leukoplast)
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Verbandsschere
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Gebogene Schere mit (möglichst abgerundeten Enden
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Pinzette
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Zeckenzange
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Mulltupfer (große und kleine)
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Kompressen
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Elastische Mullbinden (verschiedene Größen)
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Fieberthermometer
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Taschenlampe
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Watte (z.B.: zum Polstern des Verbandes)
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Antiseptische Salbe
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Desinfektionsmittel für Hunde
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Selbsthaftendes Wickelverbandsmaterial (verschiedene Größen)
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Einmalhandschuhe
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Desinfektionsmittel oder Tücher
Vorbereitungen
Vorgehen
1. Zuerst lebensbedrohliche Symptome
behandeln
(z.B.: starke Atemstörungen und Atemstillstand
Herzstillstand, schwere Blutungen)
2. Danach um nicht-lebensbedrohliche
Erkrankungen / Verletzungen kümmern
(z.B.: Knochenbrüche oder klaffende Wunden)
3. Als letztes den kleineren Verletzungen /
Erkrankungen zuwenden
Definition: Was ist ein Notfall?
= lebensbedrohlicher Zustand oder Zustand, bei dem durch Schädigung von Körperteilen und / oder
Organen eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Lebensfunktionen zu erwarten ist
Notfall tritt dann ein, wenn:
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lebenswichtige Organe (wie z.B. Gehirn, Herz und Lunge) so stark beschädigt sind, dass sie ihre
Funktion nicht aufrechterhalten können oder dies in absehbarer Zeit zu erwarten ist -
der Allgemeinzustand des Tieres sich rapide verschlechtert
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der Verdacht besteht, dass Körperteile oder Organe zerstört werden
Konkrete Hinweise auf einen Notfall können sein:
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anhaltende oder schwere Blutungen
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ständiges Würgen oder Erbrechen und / oder Durchfall
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Atemnot und Erstickungsanfall
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abnorme Bewegungsmuster (plötzliche Lahmheit, Gleichgewichtsverlust, Unfähigkeit aufzustehen)
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Lethargie
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Kollaps, Bewusstlosigkeit, Krämpfe
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heftige, wiederkehrende, krampfhafte Schmerzen
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Verbrennungen und Verbrühungen
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Aufnahme von Gift oder eines Fremdkörpers
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stark erhöhte oder erniedrigte Körpertemperatur
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sichtbare (schwere) Verletzungen
Untersuchung des Hundes
In einem Notfall ist es wichtig, zunächst die Vitalfunktionen des Hundes zu überprüfen, um den Schweregrad der Situation einzuschätzen.
Körpertemperatur: 37,5°C - 39,2°C
Atemfrequenz: 10-30 Atemzüge pro Minute
Pulsfrequenz: 60-120 Schläge pro Minute
Zustand der Schleimhäute:
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rosa gefärbt
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Kapillare Füllungszeit < 1s
Hautturgor: Hautfalte verschwindet sofort
wieder nach dem Loslassen
Normwerte
1. Temperatur messen
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mit Fieberthermometer, rektal (im After des Hundes)
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<37,5°C: Untertemperatur
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>39,2°C: erhöhte Temperatur
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>40°C: Fieber
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>41°C: Lebensgefahr!!!
2. Atemfrequenz messen
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Atemzüge werden durch die Bewegung der Rippen bzw. des Weitens und Hebens des Brustkorbes erkannt und hinter der letzten Rippe gezählt (siehe Pfeil)
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< 10 Atemzüge pro Minute: tiefe Bewusstlosigkeit bis Atemstillstand
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> 40 Atemzüge pro Minute: Aufregung, Schmerz, Fieber
Die Atemfrequenz erhöht sich auch bei Bewegung, Aufregung, Fressen und Fieber, sollte aber nach 20min. wieder den Normalwert erreicht haben.
Als krankhaft gilt eine andauernd erhöhte Atemfrequenz, jede erniedrigte Atemfrequenz, pumpende, stoßweise Atmung, flache, kaum sichtbare Atmung und der Atemstillstand.
3. Pulsfrequenz messen
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am Innenschenkel des Hundes verläuft die Oberschenkelarterie (in der Rille zwischen Muskel und Oberschenkelknochen, etwa auf der Mitte des Oberschenkels)
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mit den Fingerspitzen von Zeige- und Mittelfinger die Ader suchen und dann 15s die Pulsschläge mitzählen
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gezählte Pulsschläge mit vier multiplizieren, um die Pulsfrequenz pro Minute zu errechnen
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< 40 Schläge pro Minute: Bradykardie (Schock, Herzerkrankung, Kreislaufzusammenbruch, Hunger, Schlaf)
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> 120 Schläge pro Minute: Tachykardie (Aufregung, Anstrengung, Fieber, verminderte Herzleistung, Blutverlust, Schilddrüsenüberfunktion)
Als krankhaft gelten ein sehr schneller, klopfender Puls, ein schwacher, fader Puls, nicht fühlbarer Puls.
4. Zustand der Maulschleimhäute einschätzen
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mit Finger kurz auf das Zahnfleisch kräftig drücken, sodass durch die Verdrängung der Blutgefäße ein heller Punkt entsteht (siehe Pfeil)
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heller Punkt sollte in weniger als 1 Sekunde wieder verschwinden!
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> 3s: starker Hinweis auf hochgradiges Schock-Geschehen
(Kreislauf, Blutungen, Vergiftungen, Allergien, etc.)
In einer Schocksituation „sammelt" der Körper das Blut, damit die Versorgung der wichtigsten Körperregionen gesichert ist (Gehirn, Herz)
In der Folge werden die Schleimhäute immer blutärmer und damit blasser, bläulich, gelblich oder weisen punktförmige Blutungen auf.
5. Hautturgor (Spannungszustand der Haut) beurteilen
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gibt Auskunft über den Austrocknungsgrad des Hundes
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die Hautfalte im Hals-Brust-Bereich des Rückens wird hochgezogen und daraufhin wieder losgelassen
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bleibt Falte bestehen und zieht sich nicht sofort zurück, ist der Flüssigkeitshaushalt des Hundes gestört (Flüssigkeitsmangel)
Messungen wiederholt durchführen, um eine Aussage über den Zustand des Hundes machen zu können.
Messung der Atemfrequenz
Messung der Pulsfrequenz
Messung der Kapillaren Füllungszeit
Messung des Spannungszustandes der Haut
Die stabile Seitenlage beim Hund
- Der Hund wird für die stabile Seitenlage auf die rechte Körperhälfte gelegt. - Der Körper des Hundes sollte mit weichem Material unterlegt werden, sodass er höher liegt als der Kopf. - Das Maul wird untersucht, um evtl. Erbrochenes oder Fremdkörper zu entfernen und die Atemwege freizuhalten. - Vorder- und Hintergliedmaßen werden möglichst ausgestreckt. - Ist der Hund bewusstlos, sollte das Maul geöffnet und die Zunge herausgezogen werden.
Der Schockzustand beim Hund
Der Schockzustand ist eine lebensbedrohliche Störung des Kreislaufsystems, bei dem die Organe nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt werden. Anfangs reagiert der Körper automatisch auf einen Blutdruckabfall mit einer Blutgefäßverengung, um Gehirn, Lunge und Herz weiter ausreichend mit Blut / Sauerstoff zu versorgen. Je länger dieser Zustand jedoch anhält, desto geringer die Überlebensrate des Hundes. Ursachen: - Infektion - starke Blut- oder Flüssigkeitsverluste - Herzmuskelschäden - Überempfindlichkeitsreaktion - Reaktion auf Trauma, Angst oder Schmerz Symptome: - Apathie - Schwäche - Bewusstlosigkeit - taumelnder Gang - Zittern - kalte Gliedmaße - schwacher Puls - erhöhte Herzfrequenz - flache Atmung Behandlung eines Schockzustandes: 1. Ursache ermitteln (Verletzung, Insektenstich, etc.) 2. Hund in stabile Seitenlage bringen 3. Atemwege frei halten 4. Puls -und Atemfrequenz wiederholt messen und Maulschleimhäute einschätzen 5. Hund beruhigen und in einer Decke warmhalten 6. Tierarzt aufsuchen bzw. kommen lassen, denn der Hund benötigt schnelle Zufuhr von Flüssigkeit und anderen Medikamenten in die Blutbahn
Die Vergiftung beim Hund
Bei Verdacht auf eine Vergiftung des Hundes gilt es als erstes den Hund zu untersuchen. 1. Pulsfrequenz messen 2. Temperatur messen 3. Maulschleimhäute einschätzen 4. Vorhandene Reste des aufgenommenen Giftes aus dem Maul herausnehmen und diese Reste mit zum Tierarzt nehmen - auch wenn der Hund nur mit der Haut oder über die Atemwege Giftkontakt hatte! 5. Ermitteln was, wieviel und wann es gefressen wurde 6. Sofort zum Tierarzt! Häufigste chemische Gifte: - Ratten- und Maulwurfgift, Schneckenkorn, Putz-, Reinigungs- und Desinfektionsmittel, Frostschutzmittel, Schädlingsbekämpfungsmittel, Mottengift, Bleichmittel, Lösungsmittel Pflanzen, die im Ganzen oder nur in Teilen giftig für Hunde sind: - Akelei, Buchsbaum, Clematis, Christrose - Efeu, Eibe, Eisenhut - Hortensie, Lupine, Mistel - Oleander, Rhododendron, Stechpalme